Positiver Stress?

Kann Stress positiv sein?

Stress und die positiven und negativen Auswirkungen auf unseren Körper und unsere Psyche und vor allem darum wie man Stress zu seinem Freund machen kann.

Die amerikanische Gesundheitspsychologin Kelly McGonigal verteufelte früher Stress und warnte ihre Patienten davor, dass Stress das Risiko für eine Vielzahl von Krankheiten erhöhen kann. In Ihrem TED Talk „How to make stress your friend“ aus dem Jahr 2013, den ich Dir hier verlinke, kommuniziert sie jedoch eine ganz NEUE verblüffende Botschaft, die für uns sehr erfreulich ist.

Positive Aspekte des Faktor Stress

Neueste Forschungsergebnisse haben neue positive Aspekte des Faktors Stress ergeben. Sie hat darüber übrigens auch ein Buch geschrieben mit dem Titel „The upside of stress“, das auch in deutscher Sprache erschienen ist und welches ich Dir ebenfalls hier verlinke.

Der Stress kann Dein Freund sein!

Die neuen Erkenntnisse bestehen darin, dass Stress nur dann negative Folgen für Deine Gesundheit hat, wenn Du daran glaubst, dass er es tut. Daher schlägt Kelly Mc Gonical vor:

Freunde Dich mit dem Stress an, anstatt

Dich vor ihm zu fürchten.

Ein gewisser Stress hat also positive Auswirkungen auf Deinen Geist und Körper. Eine veränderte Einstellung zu Stress kann uns also gesünder machen, da auf diese Weise die Reaktion des Körpers auf Stress positiv verändert wird.

Bitte bedenke – es geht um kurzlebigen Stress!

Anmerken möchte ich auch, dass sich diese Studien alle mit “akutem”, “kurzfristigem” oder “moderatem” Stress – also kurzlebigem Stress beschäftigen, der sich auf etwas Bestimmtes bezieht. Dein Herz schlägt schneller und Du atmest schneller… aber wenn Du dies als ein gutes Zeichen ansiehst, das zum Ausdruck bringt, dass Dein Körper sich mit Energie darauf vorbereitet, die Herausforderung anzunehmen, ist dies positiv.

Kate Torgovnick May, eine amerikanische TED-Autorin hat die Ergebnisse sehr gut beschrieben. In Anlehnung an ihren Artikel liste ich für Dich nachfolgend die wichtigsten Stichpunkte auf, die zusammengefasst besagen:

  • Stress korreliert mit einem geringeren Sterberisiko
  • Stress kurbelt die Produktion von Neuronen an, die die Leistung verbessern können
  • Schübe von Stress können das Immunsystem stärken
  • Stress kann Dich sozialer machen
  • Stress kann das Lernen verbessern
  • Stress kann Dein Gedächtnis verbessern und
  • Stress kann Dir helfen, Dich mit Deinen Instinkten zu verbinden.

Erklärend hierzu führt sie an.

  • Stress korreliert mit einem geringeren Sterberisiko.

In ihrem Vortrag bezieht sich McGonigal auf eine Studie, die von Forschern der Universität von Wisconsin-Madison durchgeführt wurde. Die Forscher untersuchten die Daten einer Umfrage des National Center for Health Statistics aus dem Jahr 1998, in der spezifische Fragen zum Stressniveau, zur Stressbewältigung und zur Wahrnehmung, wie Stress die Gesundheit beeinflusst, gestellt wurden. Sie verwendeten eine Stichprobe von etwa 29.000 Befragten aus der Umfrage, die mit öffentlichen Aufzeichnungen abgeglichen wurden, und untersuchten dann die Todesfälle unter den Umfrageteilnehmern bis 2006. Insgesamt fanden sie heraus, dass Umfrageteilnehmer, die über viel Stress und die Wahrnehmung, dass Stress einen großen Einfluss auf die Gesundheit hat, berichteten ein um 43 % erhöhtes Risiko eines vorzeitigen Todes hatten. Bei den Teilnehmern mit anderen Einstellung zu diesem Thema kamen jedoch die bereits oben angeführten positiven Reaktionen auf Stress zum Tragen, die das Sterberisiko wiederum deutlich verringerten.

  • Stress kurbelt die Produktion von Neuronen an, die die Leistung verbessern können.

Eine Studie von Daniela Kaufer und Elizabeth Kirby von der University of California, Berkeley, aus dem Jahr 2013 legt nahe, warum ein gewisser Stress Dich vorantreiben kann und befähigt, eine Herausforderung zu meistern. Die Wissenschaftlerinnen brachten Ratten in eine stressige Situation – sie sperrten sie in ihren Käfigen ein, um den Spiegel des Stresshormons in ihrem Körper zu erhöhen. Im Gehirn veranlasste dieser Schub Stammzellen dazu, zu neuen Neuronen zu wachsen. Zwei Wochen später schienen diese ausgereiften Neuronen die Leistung der Ratten bei Lerntests zu verbessern. “Ein gewisses Maß an Stress ist somit gut, um die Aufmerksamkeit, das Verhalten und die kognitiven Leistungen auf ein optimales Niveau zu bringen”. Stressige Ereignisse sind wahrscheinlich das, was das Gehirn wacher hält, und Du leistest eben mehr, wenn Du wach bist.”

  • Schübe von Stress können das Immunsystem stärken.

Dieser TEDx Talk (The positive effects of stress) erklärt leicht verständlich die Forschungsergebnisse von Firdaus Dhabhar von der Stanford University. Die Quintessenz: Kurzfristiger Stress veranlasst die Nebennieren, Hormone freizusetzen, die im Wesentlichen Immunzellen von ihrem “Ruheplatz” in den Organen abrufen und sie zu den “Kampfstationen” bringen, wo sie gebraucht werden – sogar bevor es eine Wunde oder Infektion gibt.

  • Stress kann Dich sozialer machen.

Eine Studie von Forschern der Universität Freiburg aus dem Jahr 2012 legt nahe, dass Stress Dir helfen kann, Freunde zu finden. Für diese Studie wurden 72 männliche Studenten in eine Stressbedingung und eine Kontrollbedingung unterteilt. In der Stressbedingung mussten die Studenten eine Tortur durchlaufen, die als “Trierer sozialer Stresstest” bezeichnet wird. Danach wurde jedem Teilnehmer ein Partner zugeteilt, um eine Gruppe von Spielen zu spielen, die sie auf Vertrauen, Teilen und Risikobereitschaft testeten. Am Ende fanden die Forscher heraus, dass die Studenten in der Stressbedingung mehr prosoziales Verhalten in den Spielen zeigten. Mit anderen Worten: Sie waren eher bereit, ihrem Partner zu vertrauen und zeigten eine größere Bereitschaft zu teilen.

5. Stress kann das Lernen verbessern.

Eine Studie in der Zeitschrift Nauturwissenschaften untersuchte, wie männliche Laubenvögel neue Geräusche lernen, und kam zu dem Schluss, dass die Art in Momenten akuten Stresses verbesserte Lernfähigkeiten zeigt. Aber diese Erkenntnis gilt nicht nur für die Vögel. In einer Studie aus dem Jahr 2007, die von Forschern des National Institute of Mental Health durchgeführt wurde, wurde die Hälfte der männlichen Teilnehmer einer Stresssituation ausgesetzt, in der sie ihre Hand 60 Sekunden lang in eiskaltes Wasser tauchen mussten. Danach wurden sie gebeten, zwei Lernexperimente durchzuführen, die häufig bei Tieren durchgeführt werden – einen Augenblinzeltest und einen virtuellen Navigationstest. Die Probanden der Stressgruppe schnitten bei beiden Tests deutlich besser ab.

6. Stress kann das Gedächtnis verbessern.

Ratten hassen offenbar das Schwimmen. Diese Tatsache nutzten Forscher der University of Buffalo bei einem Experiment im Jahr 2009. Sie zwangen eine Gruppe von Ratten, 20 Minuten lang zu schwimmen, während eine andere Gruppe trocken blieb – dann maßen sie, wie beide Gruppen in einem Labyrinth abschnitten. In Versuchen vier Stunden und einen Tag später machten die Ratten, die das stressige Schwimmen absolviert hatten, deutlich weniger Fehler im Labyrinth als die Kontrollgruppe. Die Forscher stellten fest, dass diese Ratten einen Anstieg des Neurotransmitters Glutamin aufwiesen, von dem bekannt ist, dass er das Arbeitsgedächtnis verbessert. Eine neuere Studie untersuchte das Zusammenspiel von Stress und Arbeitsgedächtnis beim Menschen. Forscher der New Mexico State University unterzogen Studenten einem Test, bei dem sie fast identische Bilder in schneller Abfolge betrachten und sich feine Unterschiede zwischen den beiden Bildern merken mussten. Sie führten eine Version dieses Tests vor und nach einer Situation durch, die speziell darauf ausgelegt war, den Cortisolspiegel in die Höhe zu treiben. Nach der stressigen Situation schnitten die Studenten im Arbeitsgedächtnistest besser ab.

7. Stress kann Dir helfen, Dich mit Deinen Instinkten zu verbinden.

Forscher der University of Maine waren neugierig, wie genau Stress die Leistung verbessert. Also unterzogen sie eine Gruppe von Studenten einer Reihe von Tests, von denen bekannt ist, dass sie den Cortisolspiegel in die Höhe treiben – sie mussten eine fünfminütige, auf Video aufgezeichnete Präsentation halten, ein fünfminütiges Interview führen und dann in 13er-Schritten von 1.022 rückwärts zählen, alles vor einer Jury, deren Gesichtsausdruck die ganze Zeit über gleich blieb. Danach absolvierten die Studenten zwei Aufgaben, bei denen es um die Kategorisierung von Kreisen und Balken auf einem Computerbildschirm ging. Bei der ersten mussten sie bestimmte Regeln zur Kategorisierung der Formen durchsprechen. In der zweiten mussten sie einfach mitteilen, in welche Kategorie die Form ihrer Meinung nach gehörte. Je gestresster sich die Probanden fühlten, desto besser schnitten sie bei der zweiten Aufgabe ab – der Aufgabe, bei der sie sich weniger Gedanken über die Details machen und ihrem Bauchgefühl folgen mussten.

Wie wird man resistent gegen Stress und Krisen?

Mit diesem neuen Wissen betrachtest Du Stress ab sofort sicherlich mit anderen Augen. Sehr empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang auch das Buch (auch als Hörbuch erhältlich) von Sebastian Mauritz mit dem Titel „Immun gegen Probleme, Stress und Krisen – Wie unser Leben gelingen kann“., das ich Dir hier ebenfalls verlinke. Sebastian Mauritz meint, dass man was immer man tut, aus einem guten Zustand heraus tun sollte. Der Autor gibt Tipps, wie man diesen guten Zustand aufrecht erhalten kann, wenn man mit Problemen, Stress und Krisen konfrontiert ist. Ein Buch zum Eigencoaching praktisch für alle Menschen, die mehr über sich selbst erfahren möchten und ja zu sich selbst sagen möchten. Es enthält auch Selbsttests und Trainingseinheiten, die Dir dabei helfen, Deine Selbststeuerung zu verbessern und ein selbstbestimmtes, resilientes Leben zu führen. Ein Buch, das Du immer mal wieder zu Hand nehmen kannst.

Ich hoffe, ich konnte Deine Sicht auf den Faktor Stress positiv verändern, der uns – ob wir wollen oder nicht – ein Leben lang begleitet.